Eigentlich wollte ich ja meinen Artikel über Nachhaltigkeit, den ich euch schon Anfang des Jahres angekündigt habe, fertig schreiben. Dass mir dabei zufällig ein Artikel über den toten Pottwal unterkam, der mit etwa 30 kg Plastik im Körper an den spanischen Strand gespült wurde, und gleich darauf die verstörenden Bilder von Balis Stränden folgten, habe ich mich spontan für ein anderes Thema entschieden: Mikroplastik. 

Ja, Mikroplastik ist ein Thema, über welches wir uns viele Gedanken machen sollten. Nicht, dass es neu wäre, dass Meeresbewohner aufgrund von Plastik durch Entzündungen oder Pfropfenbildung im Magen sterben. Auch nicht neu ist, dass jedes zehnte Sandkorn aus Polymeren besteht. Oder aber, dass wir alle schon Weichmacher im Körper haben. Im Wesentlichen kennen wir all die Schauergeschichten, die uns dauernd in der Social Media-Timeline bombardieren, nur zu gut. Trotzdem sehen viele einfach weg. Manche aus Bequemlichkeit, andere aus einer Überforderung heraus. Dabei wäre es für alle so wichtig sich damit auseinanderzusetzen und zu reflektieren, denn wir vergessen zumeist, dass all die Dinge, die wir dieser schönen Welt antun, auf der wir eigentlich nur Gäste sind, wie ein toxischer Bumerang zu uns zurückkehren. Und dieser trifft uns, versprochen, hart.

 

Was ist Mikroplastik eigentlich und warum ist es so schlimm?

 

Kunststoff: Material, das für die Ewigkeit designed wurde, aber nicht für den Einweggebrauch vorgesehen sein sollte. Mikroplastik ist der kleine Bruder aller Einweg-Trinkhalme und ein echt mieses Stück. Sozusagen der Alpha Kevin des Jahrhunderts. Das hat mehrere Gründe: Die winzigen Plastikteilchen reichen von, verhältnismäßig, großen Partikeln von 5mm Größe und komprimieren sich nach und nach auf Feinstaubniveau. Der Werdegang ala Benjamin Button ist bei näherer Betrachtung recht logisch. Kunststoff ist mehr oder weniger unlöslich und nicht biologisch abbaubar. Hier unterscheidet man übrigens zwischen primären und sekundären Polymeren

Die erste Variante des Stoffes, welcher die Kraft besitzt ein ganzes Ökosystem auszulöschen, also primäres Mikroplastik, wird bewusst industriell hergestellt. Ihr findet es in all den Gebrauchsgegenständen, die ihr vielleicht sogar täglich verwendet. Kurzum in allerlei Kosmetikprodukten, die von großen Marken den Weg von der Drogerie zu euch nach Hause finden. Hier unterscheidet man wiederum in Zweckmäßigkeit. In flüssiger oder gelartiger Form wird Kunststoff als Füllstoff und Bindemittel verwendet. Diese findet man oft in Shampoos, Make-Up, Nagellacken, Lippenstiften, Sonnencremes und vielen weiteren Kosmetika. Als Granulat verhilft Mikroplastik zu weißeren Beisserchen (Zahncreme) oder babyweicher Haut (Peeling, Duschgel). 

Mikroplastik | Blattgrün

Sekundäres Mikroplastik wird nicht von der Industrie gemacht, sondern durch den Konsum und die achtlose Verwendung von allerlei Plastikprodukten. Hier wären wir wieder bei der logischen Betrachtung angelangt: Polymere sind nicht abbaubar und somit dem jahrzehntelangen Verschleiß durch Außeneinwirkung ausgesetzt. Das sind vor allem naturbedingte Gegebenheiten wie Sonne, Wind und Wasser. Aus einem Trinkhalm, Einwegwindeln oder einer Plastiktüte werden also über die Dekaden hinweg durch Zerfall immer kleinere Teile. Man könnte an dieser Stelle meinen: “Oh, wie schön, wenn sie eh immer kleiner werden, kann’s ja eh nicht so schlimm sein.” Leider hilft hier das berühmte Aus den Augen, aus dem Sinn nicht wirklich weiter, denn Mikroplastik verschwindet nicht einfach.

 

Umso kleiner Mikroplastik wird, desto gefährlicher ist es für das Ökosystem und im Zuge dessen auch für den Menschen

 

Wie schon erwähnt: Nur weil Plastik mit den Jahren kleiner und unscheinbarer wird, ist es deshalb nicht automatisch weniger schädlich. Denn eigentlich ist genau das Gegenteil der Fall und das, meine lieben Freunde, ist der Anfang vom Ende. Eine Plastikflasche beim Waldspaziergang ist greifbar. Motivierte Weltretter heben sie auf und werfen sie, wie vorgesehen, in den nächsten Mülleimer. Was aber tut man mit dem Mikroplastik, das mit bloßem Auge nicht mehr erkennbar ist? Genau dieses Mikroplastik schwimmt, neben geschätzt 5 Billionen anderen Kunststoffteilchen, in den großen Gewässern dieses Planeten. Dieses sekundäre Mikroplastik bekommt man kaum mehr aus Flüssen, Seen und Ozeanen. 2050 soll es mehr Plastik in den Weltgewässern geben als Fische und ich halte es kaum aus mir vorzustellen was das für das Ökosystem, das Klima und die Lebewesen auf diesem Planeten bedeutet. 

“Plastik gefährdet unsere Ökosysteme, weil es mittlerweile als vermeintliches Nahrungsmittel für Meeresorganismen verfügbar ist.” (BUND, bei Utopia)

Ein kurzer Schwenk in den Nahrungskreislauf des gängigen Omnivoren: Schätzungen zufolge macht Plastik 60 bis 80 Prozent des Mülls im Meer aus. Fische fressen, was sich nunmal im Wasser befindet. Heutzutage kommt es also, aufgrund der zugemüllten Gewässer, sehr häufig vor, dass Fische und Säugetiere (wie Wale und Delfine) Mikroplastik mit Plankton verwechseln. Fressen sie es nicht direkt, kommt es trotzdem in ihre Körper. Meeresbewohner können also nicht wirklich dagegen ankommen. 

“Besonders gefährlich ist, dass Mikroplastik wie ein Magnet auf Giftstoffe im Wasser wirkt. Meereslebewesen nehmen mit dem Mikroplastik auch Schadstoffe auf.” (BUND)

Als würde die Plastikaufnahme durch das Fressen nicht schon reichen, kommen mit dem erdölbasierten Partikeln auch noch jede Menge anderer Probleme. Plastik hat nämlich zwei sehr spannende Aspekte: Toxikologische Desorption und Absorption. Während Giftstoffe, die beim Herstellen beigemischt wurden (z.B. BPA), im Wasser an die Umgebung abgegeben werden, kann Plastik persistente, bioakkumulierende und toxische Schadstoffe im Gegenzug an sich binden. Das Resultat: An den Kunststoffpartikeln findet man, lt. Greenpeace, eine bis zu tausendfach höhere Schadstoffkonzentrationen als im Umgebungswasser. Nicht zu vergessen ist dabei, dass Ozeane neben Bäumen für unseren Sauerstoff sorgen. Keine gesunden Ozeane, kein wirklich brauchbarer Sauerstoff. Just sayin.

Mikroplastik | Blattgrün

Zurück zum Kreislauf des Essens: Fische, aber auch Muscheln, Würmer und anderes Getier an Land und im Wasser, nehmen all diese Schadstoffe mit dem Verzehr von Mikroplastik auf. In weiterer Folge sind es größere Tiere, wie Vögel oder größere Fische, die Würmer und Co. als Nahrungsquelle bevorzugen. Irgendwann landen dann wiederum diese Fische, Krustentiere oder auch Waldbewohner auf unseren Tellern. Inklusive Mikroplastik. Inklusive Giften wie Weichmachern, Pestiziden oder anderen industriellen Substanzen, die sich im Gewebe ablagern und Zellen verwirren. 

Wer sich jetzt ins Fäustchen lacht, weil er sich vegan ernährt, sollte wissen, dass mittlerweile auch in Meersalz Mikroplastik gefunden wurde. Aber auch auf Salz zu verzichten, wäre am Ende auch egal, denn – und jetzt kommt’s – findet sich Mikroplastik sogar im alltäglichen Feinstaub. Allem voran durch Reifenabrieb. 

Mikroplastik im Umweltkompartiment Luft kann, auch in Form von Schwebe- bzw. Feinstaub, mit dem Wind transportiert werden. Feinstaub kann über die Atemwege bis in die Lunge gelangen und zahlreiche Erkrankungen hervorrufen. Die Reifenabriebsmengen wurden für Österreich mit jährlich 6.766 Tonnen berechnet, mit einer lungengängigen Feinstaubfraktion von 677 Tonnen pro Jahr. Inhalationsstudien sehen einen Zusammenhang zwischen Feinstaub und allergischen Reaktionen, Asthma, Krebs und Herzkrankheiten. (Umweltbundesamt Ö)

Prozentuell übrigens in etwa genauso schlecht wie die Kunstfasern in der Waschmaschine. Beim Waschen lösen sich nämlich mit jedem Waschgang kleine Fasern der Polyesterkleidung und die sind leider so klitzeklein, dass sie in der Kläranlage nicht als Eindringlinge erkannt werden und munter in die Gewässer schwimmen dürfen. Wie das ausgeht, habt ihr ja schon ein bisschen weiter oben gelesen. 

“Die Untersuchungsergebnisse bestätigen, dass die freiwillige Selbstverpflichtung der Industrie, Plastikpartikel aus ihren Produkten zu verbannen, wirkungslos ist.” (BUND)

Es ist wie es ist: Mikroplastik ist mittlerweile allgegenwärtig und es bahnt sich auf so viele Arten den Weg in unseren Körper. Dort kann es u.U. zu Gewebeveränderungen und Zellverwirrung kommen. Dass große Unternehmen vor allem auf Profit blicken anstatt auf Umweltfreundlichkeit ist auch keine große Neuigkeit. Und ja, Bequemlichkeit lässt einen vieles ignorieren. Wenn wir uns jedoch für Ignoranz entscheiden und Verantwortung an Unternehmen abgeben, geben wir in weiterer Folge auch das Recht ab uns über kurz oder lang zu beschweren. Darüber, dass wir irgendwann Atemschutzmasken tragen müssen. Darüber, dass wir kein intaktes Ökosystem mehr haben. Darüber, dass man Strände im Urlaub vor lauter Plastik nicht mehr betreten kann. Oder auch darüber, dass einige Nahrungsquellen im Wesentlichen nicht mehr existieren. 

Wie wir es dennoch besser machen oder zumindest schadensbegrenzend agieren können, erfahrt ihr zum diesjährigen Earth Day im kommenden zweiten Teil zum Thema Mikroplastik


Habt ihr euch schon einmal genauer mit Mikroplastik auseinander gesetzt? Wo seht ihr die Welt in 25 Jahren? Habt ihr Tipps zur Plastikmüllvmermeidung, die man auch als Laie sofort umsetzen kann? Was ist euer most hated-Kunststoff, den es eigentlich gar nicht bräuchte? Ich liebe es von meinen LeserInnen zu lesen! Inspiriert mich mit einem Kommentar oder erntet gutes Karma und teilt diesen Beitrag in den unendlichen Weiten des Internets. Ich freu mich und sag Dankeschön! ♥ Eure Tanja

Bildnachweise: unsplash.com

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