Hallo du, heute tue ich etwas, das ich normalerweise nicht gerne mache. Denn heute geht es um Persönlichkeitseigenschaften, das Hadern mit sich selbst und die Liebe zur Einfachheit.
„Hey Tanja, ich hab dich bei Event A und B vermisst. Dein Blog ist ja eigentlich richtig klasse, aber du musst da eindeutig mehr netzwerken und Events besuchen, wenn du mal eine größere Reichweite haben willst!“
„Hey Tanja, warum schreibst du eigentlich nie über deinen Alltag oder über private Geschichten aus deinem Leben? Andere Blogger machen das ja auch und ich find das immer so klasse!“
Hy, ich bin Tanja, trotz der kleinen Alltags-Schwierigkeiten glücklich introvertiert und offline nur selten, und meist nur bei schlimmer Nervosität, eine hyperaktive Plaudertasche. Versteh’ mich nicht falsch: Ich lese wahnsinnig gerne Blogs, die auch mal etwas über den privaten Alltag berichten, ins persönliche Leben schnuppern lassen oder gar in langen Artikeln über ganz private Dinge philosophieren. Ich persönlich versuche dies jedoch normalerweise mit jeder Faser meines Körpers zu vermeiden. Deshalb ist dieser Artikel ein kleiner Sprung ins eiskalte Wasser und ich habe mich lange davor gedrückt mit meinem Finger auf den „Veröffentlichen“-Button zu klicken.
Allen, die mich persönlich kennen, wird der folgende Absatz nicht neu sein: Ich vermeide Smalltalk, weil ich nicht gerne über unnötige, irrelevante Dinge wie Wetterumschwünge oder das Ende von Hiddleswift rede. Ich stehe nicht gerne im Mittelpunkt und versuche dies auch weitgehend zu vermeiden. Im Kindergarten saß ich die ersten Wochen alleine in der Garderobe oder draußen am Klettergerüst, weil ich einfach keine Lust auf so viele Kinder hatte. Mündliche Prüfungen oder Referate waren für mich immer die absolute Hölle. In Gesprächen tue ich mir schwer damit die richtigen Worte zu finden und mich so auszudrücken, wie ich es in meinem Kopf kurz davor zurechtgelegt hatte. Zwischen fremden Menschen fühle ich mich primär einfach mal deplatziert. Große Partys, Volksfeste oder Festivals irritieren mich nach einer kurzen Zeitspanne. Meist verlasse ich diese Partys auch nach kurzer Zeit wieder.
Ruhige und zurückgezogene Menschen wie mich nennt man an dieser Stelle im Normalfall beim Modewort „introvertiert“. Prinzipiell sind wir ja alle introvertiert. Die einen mehr, die anderen weniger. Ich mag diesen Begriff aber überhaupt nicht. Ebenso wenig mag ich es, wenn man mich als schüchtern oder hypersensibel betitelt. Mein Verhalten wird leicht missverstanden und, je nach Situation, oft mit Gehemmtheit, Minderwertigkeitsgefühlen, Gleichgültigkeit, Desinteresse oder Arroganz fehlinterpretiert, was ich an dieser Stelle mal ganz allgemein verneinen möchte.
Freunde und Familie sind mir, so wie jedem anderen Menschen auch, aber natürlich das Wichtigste überhaupt. Da bin ich sensibel, mitfühlend und aufmerksam, wenn man mit mir bei einer Tasse Kaffee oder einem Bier über das Leben spricht. Ebenso lerne ich gerne neue Menschen kennen, wenn ich denn Lust dazu habe. Ich kann auch hyperaktiv und euphorisch sein, wenn mir danach ist. Meistens jedoch genieße ich die Ruhe und die Zeit mit den ganz wenigen Menschen, die ich lieb gewonnen habe. Diese liebenswürdigen Wesen verstehen mittlerweile auch, dass ich es auch einfach mal genieße eine halbe Stunde wortlos in der Ecke zu sitzen, um meine Batterien wieder aufladen zu können. Und das ganz ohne gelangweilt, arrogant, asozial oder traurig zu sein.
Als Bloggerin, die ihre Gedanken in die Welt hinausschreibt, Events besuchen soll, mit Firmen netzwerkt und mit dem Schreiben vielleicht auch noch irgendwann ihre Brötchen verdienen möchte, wird die Sache mit der Introversion natürlich noch ein Stückchen schwieriger. Sabine von a hungry mind ist ebenso Bloggerin und spricht mir aus der Seele, wenn sie sagt:
„Ich arbeite in der Werbung, gefühlt also der Branche mit den schrillsten Vögeln und den lautesten Angebern, mindestens aber einer sehr extravertierten, sozialen, netzwerkenden Gemeinschaft. Und wenn ich sagen würde, dass ich es als Introvert dort leicht habe, würde ich lügen. Trotzdem habe ich mich vollen Herzens für genau diesen Beruf entschieden.“
Introversion ist keine Krankheit und natürlich auch nicht automatisch eine schlechte Persönlichkeitseigenschaft. Ich beobachte z.B. wahnsinnig gerne aus der Ferne, bin sehr gut darin Menschen und Situationen zu analysieren und Probleme zu lösen, kreativ, philosophiere stundenlang über die Welt und (tag-)träume mich auch spontan aus dieser hinaus, wenn mir danach ist. Gleichzeitig bin ich aber auch unglaublich selbstkritisch, perfektionistisch und reflektiere ALLES bis ins kleinste Detail. Infolgedessen mache ich mir natürlich auch schon während des Schreibprozesses Gedanken über Pro und Kontra, Bewertungen und Angriffspunkte. Um niemandem auf die Füße zu treten, versuche ich dann meistens auch noch in einer neutralen, reflektierten Position zu verharren und habe am Ende dann oft das Gefühl, dass der eine oder andere Artikel -surprise, surprise- langweilig geworden oder gar leblos ist, weil er einfach nicht polarisiert. (Ja, auch jetzt habe ich das unnachgiebige Gefühl, wieder alles löschen zu wollen.)
Extreme Positionen lesen sich in der heutigen Zeit aber einfach besser als Harmonische, Extraversion ist sozusagen „in“. Egal, wie hochwertig oder informativ dein digitales Baby dann sekundär sein mag. Und so landen viele fertige Beiträge wieder im virtuellen Papierkorb. Bei jedem noch so kleinen Posting auf sozialen Netzwerken hinterfrage ich, ob ich meinen Followern (somit auch dir) auf die Nerven gehen könnte oder dir genügend Inhalt bieten kann. Das hat nichts mit Schwäche oder dem Gefühl der Minderwertigkeit zu tun, sondern einfach damit, dass ich im Normalfall nur rede, wenn ich auf wirklich was zu sagen habe. (Das hat mal ein ehemaliger Kurskollege ganz treffend auf den Punkt gebracht, wie ich finde.) Somit bin ich vermutlich auch deutlich weniger in den sozialen Medien aktiv als andere BloggerInnen und damit einfach unscheinbarer.
Und ganz ehrlich: Ich liebe mich selbst, so wie ich bin. Ich liebe mein kleines, grünes und harmonisches Tagebuch (ohne persönliche Dramen) so wie es ist. Ich liebe die angenehme, ruhige Einfachheit der Dinge. Ich liebe es, dich hin und wieder online mit Tipps für’s nachhaltige Leben zu inspirieren. Aber so sehr ich es auch liebe mein Privatleben zu reflektieren, möchte ich es einfach weder online noch offline totreden, nur um neue BesucherInnen anzulocken oder zu polarisieren. Deshalb wirst du hier vermutlich selten bis niemals Artikel über mein Privatleben, extremes Gedankengut oder Bashing, das die Besucherstatistiken ja bekanntlich in unendliche Höhen treiben könnte, finden. Ich liebe tiefergehende Gespräche über TTIP, Mikroplastik und gesundes Essen, möchte bei Smalltalk aber einfach nur davonlaufen. Das kann sich bei Events als sehr schwierig gestalten, ist aber leider Tatsache. Wenn du mich also einmal persönlich auf einem solchen Event kennenlernen solltest, hab ein wenig Geduld mit mir und steck mich nicht gleich in eine Schublade. Stille Wasser sind ja bekanntlich sehr tief! Wenn ich dich ohne große Floskeln mit der Frage über den Sinn des Lebens bombardiere, antworte mit „42“ und wir werden bestimmt die besten Freunde! :)
Und jetzt bist du dran: Welche Eigenschaft deiner Persönlichkeit empfindest du manchmal als schwierig? Bist du vielleicht auch eher introvertiert und arbeitest in einem Beruf, der Extrovertierten leichter fällt?
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