Es ist schwierig einen Beginn für so viel Liebeserklärung zu finden. Die kleine, beinahe karge Insel vulkanischen Ursprungs hat mein Herz im Sturm erobert. Ich und Herr Blattgrün waren 2013 schon einmal in La Gomera und wir haben uns beide spontan in das kanarische Stückchen voller Entschleunigung verliebt. Wir wollten einen ruhigen Ort, umgeben von Wasser, der Entspannung und Erholung schenkt, aber auch abseits des Tourismus viel, und vor allem viel Natur, zu bieten hat.

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Einige wenige Informationen für Wissbegierige: Rund 3500km von Linz und 300km vom westafrikanischen Festland entfernt liegt die wunderschöne (12 Millionen Jahre alte) Vulkaninsel La Gomera im Atlantischen Ozean. Aufgrund ihrer Nähe zum Äquator liegt die Durchschnittstemperatur bei angenehmen 25°C. Inmitten der Insel gedeiht der größte noch zusammenhängende Lorbeerwald der Erde. Für Wanderer gibt es ein ausgedehntes, überwiegend beschildertes Wanderwegenetz, das alle Inselteile – teils mit beträchtlichen Höhenunterschieden – miteinander verbindet. Für die, die es gerne mal etwas Gemütlicher angehen wollen, gibt es dunkle ruhige Lavasteinstrände und einige Schnorchel- und Tauchmöglichkeiten, sowie viele schöne Buchten. In den flachen Gebieten der Küstenregionen herrschen Bananenplantagen vor, deren kleine, schmackhafte Früchte aber nicht für den Export bestimmt sind. Zu den Besonderheiten La Gomeras gehört die weltweit nur hier existierende Pfeifsprache der Gomeros, “El Silbo”. Mit dieser verständigt man sich nämlich über weite Strecken nur durch Pfeiflaute. (What? Geht das denn? Gespräche nur durch Pfeifen? Ja und meine Augen waren so groß wie die kleiner Kindern vom Weihnachtsbaum voller Geschenke, weil ich’s einfach nicht fassen konnte.) Eine Besonderheit sind Pilotwale und Delfine, die in großer Zahl wegen des Eisengehalts im Wasser in der bis zu 2000 Meter tiefen Meerenge zwischen Teneriffa und Gomera an zutreffen sind. An kaum einem anderen küstennahen Ort der Welt sind so viele Wale beheimatet. Christoph Kolumbus machte hier seine letzte Zwischenstation, bevor er zu seiner Reise nach Indien aufbrach, bei der er Amerika entdeckte. 

Aber zurück ins Jahr 2016: Nach einem Langstreckenflug ging es von Teneriffa mit der Fähre nach San Sebastian, wo uns glücklicherweise auch ein Kleinbus zum Hotel brachte. Ich habe nämlich sehr viel Ehrfurcht vor den Inselstrassen, da sie sehr steil sind, dementsprechend tiefe Abgründe haben und man auch hin und wieder mit Steinschlag Bekanntschaft machen kann. 

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Neben dem feuchten, etwas kühleren Klima auf der Nordhälfte, fühlten wir uns dann doch mehr von der sonnigen, trockeneren Südhälfte angezogen. Meist findet man hier schwarze Sandstrände (oft auch versteckt unter vielen großen und kleinen Steinen) sowie traumhaft klares Wasser, das zum Schnorcheln mit Taucherbrille einlädt. Wer jedoch nach kilometerlangen, aufgeschütteten Sandstränden Ausschau hält, wird hier vergeblich danach suchen. Gomera ist eine teils karge, raue und schwierige Geliebte. Dafür wird man hier mit einer reichen Unterwasserwelt und wohlig klingendem Wellenrauschen belohnt. 

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Man glaubt gar nicht, wieviele bunte Fische und Fischschwärme sich da neben den Beinen tummeln, wenn man die Augen auch einmal unter Wasser öffnet. Wenn man Glück hat, erblickt man auch mal Mantarochen, die ganz versteckt zwischen den Booten im Hafen anzutreffen sind oder gar Wale und Delfine, wenn man sich mit einem Boot einige Kilometer von der Insel entfernt.

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Ein Ausflug mit dem Boot ist übrigens sehr zu empfehlen, denn abgesehen von Walen und Delfinen hat man einen wunderschönen Ausblick auf die Form der Insel. Man hat uns beim Wandern mal gesagt, wir sollen uns La Gomera als rundes Geschirrtuch vorstellen, das man in der Mitte einfach nach oben gezogen hat. So ergeben sich abwechselnd steil-aufragende Felsmassive und tiefe Schluchten, die aus der Ferne noch atemberaubender aussehen als an Land. Außerdem kommt man so auch, abseits von Mietwagen und Bussen, prima um die Insel. Vor allem von Playa de Santiago nach Valle Gran Rey. 

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Die Insel hat weder einen internationalen Flughafen, noch massenhaft Ferienindustrie. Dafür liebt man als Wanderer Gomera, denn hier findet man noch genug Platz und Ruhe, um die Natur in all ihren Facetten genießen zu können. In der Mitte der Insel findet man den Parque Nacional de Garajonay, der als Weltnaturerbe gilt. Der höchste Punkt im grünen Herz der Insel mit knapp 1500m bietet einen atemberaubenden Blick in die Ferne, ja sogar bis nach Teneriffa. 

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Das Wolkenmeer ist weich und wunderbar geheimnisvoll. Die Gomeras legen sehr viel Wert auf Nachhaltigkeit und den Schutz des Parks, damit er sich vom Zuckerrübenanbau aus alten Zeiten und der Brandstiftung im Jahr 2013 gut erholen kann. Damals kämpften Touristen und Feuerwehr sogar gemeinsam gegen die Flammen, um den Großteil der artenreichen Natur zu retten und schon nach drei Jahren hat sich die grüne Mitte, aufgrund der feuchtigkeitsreichen Nebelschwaden, wieder relativ gut erholt und glänzt in den verschiedensten Grüntönen. Garajonay hat übrigens eine kleine, herzzerreissende Geschichte zur Namensgebung.

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Vor der spanischen Eroberung lebte auf La Gomera die schöne Prinzessin Gara. Sie verliebte sich in den armen Bauernsohn Jonay aus Teneriffa. Er erwiderte ihre Liebe und fuhr täglich auf einem Floß zur Nachbarinsel, um seine Geliebte zu treffen. Doch die Verbindung stand unter keinem guten Stern: Ein Priester sagte den beiden großes Unheil voraus. Als sich beide das Jawort zur Eheschließung geben wollten, schien sich die Prophezeiung zu erfüllen. Ein mächtiges Erdbeben erschütterte Teneriffa. Der Teide spie Lava, das Meer um La Gomera färbte sich blutrot und die Insel begann zu glühen. Die Adelsfamilie der Prinzessin versuchte daraufhin, die Heirat der beiden zu verhindern und brachte Jonay gewaltsam nach Teneriffa zurück. Seine Liebe jedoch war so groß, dass er wenige Wochen später erneut auf La Gomera landete. Gemeinsam floh das Paar ins Hochland und versteckte sich in den dichten Wäldern hoch oben auf der Insel. Als beide keinen Ausweg für ihre Liebe mehr sahen, nahmen sie eine an beiden Enden gespitzte Lanze aus Lorbeerholz und stießen sie sich durch die Brust. In inniger Umarmung ging das Liebespaar in den Tod. Seit jener Zeit, so sagen die Gomeros, trägt der wunderschöne Nebelwald und heutige Nationalpark auf La Gomera den Namen Garajonay. (Quelle)

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Und genauso wie die kleine Liebesgeschichte, ist auch der Nebelwald wundervoll märchenhaft und eine Wanderung absolut empfehlenswert. Dass man keine Jahresringe bei den Bäumen im Lorbeerwald findet, macht das Erlebnis gleich noch zeitloser und entspannter. 

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Ich weiß, ihr erwartet von mir vermutlich auch ganz viel Food-Fotografie, aber da muss ich an dieser Stelle leider enttäuschen, weil ich mein Essen einfach ohne viel Schnickschnack genießen wollte und Kamera sowie Smartphone während des Aufenthalts im Hotel oft einfach im Zimmer hatte. Ich kann nur sagen: Das Jardin Tecina, in welchem wir die zwei Wochen verbracht haben, hatte morgens und abends eine tolle Buffet-Auswahl an regionalem Obst und Gemüse, Salaten, Pasta sowie eine vegane Ecke mit irrsinnig leckeren Gerichten und natürlich auch frischen Fisch, Meeresfrüchte und Fleischgerichte. Herr Blattgrün hat morgens immer ziemlich doof aus der Wäsche geguckt, weil ich zwei volle Teller mit allen erdenklichen Köstlichkeiten (meine tägliche Grundausstattung waren Pancakes, Früchte mit Kokosnussjoghurt, frisch gepresste Säfte, Avocadobrot mit Ei, Gemüsestreifen und eine Schüssel Porridge) in mich reingestopft habe. Vom Abendbuffet will ich erst gar nicht anfangen, weil ich mich im Urlaub einfach nie unter Kontrolle hab, wenn’s um gutes Essen geht. Vor allem die Dessert-Abteilung hat’s mir diesmal wirklich, wirklich angetan! Und wenn ich nachts im Hotelzimmer davon träume, dass ich -beim Versuch ein Stück Kuchen aus dem Pool zu retten- ertrinke, sagt das eindeutig viel über meine Liebe zur Hotelküche. :D 

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Die Hotelanlage selbst bemüht sich, wie beinahe alle Hotels aus La Gomera, darum Tourismus und Nachhaltigkeit so gut wie möglich vereinbaren zu können. Das Abwasser wird gereinigt und zum Gießen der Pflanzen verwendet. Auch gibt es Solar-Paneele, biologisch abbaubare Reinigungsmittel für die Schwimmbecken und die pflanzlichen Abfälle werden kompostiert und für die Düngung der Finca verwendet, auf der zur Selbstversorgung Obst und Gemüse angebaut wird. Ein großer Teil des Essen kommt frisch von lokalen Kleinplantagen, Feldern oder einfach aus dem Ozean, ohne große Transportwege, ohne Plastik, dafür mit viel Liebe auf den Tisch. Mehr zum Umweltschutz gibt’s hier. Im Vergleich zur kleineren, energieautarken Insel El Hierro gibt es natürlich noch sehr viel Nachholbedarf, aber für ein Hotel dieser Größenordnung können auch kleine Schritte viel Gutes bewirken. 

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Neben einer Vielzahl an Pflanzen kommt man keine zwei Meter ohne Eidechsen- und Gekogeraschel. Wir hatten auch einen kleinen „Hausgecko“, der es sich nach Sonnenuntergang gerne mal auf unserer Terrassendecke gemütlich gemacht hat. Ebenso beherbergt das Hotel einige zugelaufene Katzen (sorry, kein Cat-Content), die freudig Streicheleinheiten entgegennehmen und einem gleich beim Frühstück mit Geschnurre den Tag versüßen.

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Sollte man das Gefühl haben sich außerhalb des Hotels zu wenig ausgepowert zu haben (wenn also Wandern, Radfahren, SUP, Tauchen, Joggen oder Schwimmen nicht reichen), kann man das hoteleigene Fitnessstudio, den Tennisplatz oder die Squash-Halle nutzen. Ganz nebenbei gibt’s auch noch Pilates, Yoga und Wasseraerobic. Die Kalorien, die ich Tag ein, Tag aus gegessen habe, wurden daher auch dementsprechend wieder verbrannt. Gut, ein paar Tage vor der Abreise hatte ich dann leider einen derben Gelenkerguss und bin dann nur mehr über’s Inselchen gehumpelt, ABER so habe ich zumindest auch mal wieder gelernt, wo meine Grenzen liegen und hab’s mir dann einfach mit Kniebandage und Cocktail gemütlich gemacht.

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Fazit: Das Inselchen ist zwar klein, aber bemerkenswert vielfältig! Sollte es doch einmal jemanden nicht nur in den Süden verschlagen, ist ein Ausflug nach Alojera empfehlenswert. Die Mutigen unter euch werden mit einem Mietauto sehr viel Freude haben, da die Straßen je nach Region recht abenteuerlich sein können. Auch der Mirador de Abrante in Agulo, eine gläserne Aussichtsplattform im Norden der Insel und El Cercado, das Töpferdorf im Hochland, sind einen Abstecher wert. Das Naturdenkmal Los Organos, ein Felsmassiv, das aussieht wie eine riesige Orgelpfeife, findet man ebenfalls im Norden und das Meeresschwimmbecken in Hermigua ist eine tolle Alternative für alle, die Ehrfurcht vor der Brandung haben, denn die Wellen hier haben es schon mal in sich, wenn sie das Ufer erreichen!

Das nächste Mal, das noch in nicht absehbarer Ferne liegt, sind wir dann hoffentlich schon länger als zwei Wochen auf der Insel, um das Auswandern auf Zeit in einer Wohnung auszuprobieren. Davor sehen wir uns aber im Winter erstmal ganz gemütlich Prag an. Sollte jemand Geheimtipps für leckere Restaurants oder nachhaltige Läden in Prag haben, wäre ich natürlich sehr dankbar! :)

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1 Kommentar
  • Romy_wandert
    Mai 29, 2018

    Oh ja, La Gomera ist eine tolle Insel. Ich war zu Fuß unterwegs und bin von Ort zu Ort gewandert. Trotz nicht allzugutem Wetter im Februar, eine tolle Tour!

  • Doris
    Oktober 24, 2016

    Traumhaft. Teneriff war ich schon, leider noch nicht auf La Gomera. Danke für dwn Bericht! Lg Doris

  • Chris
    Oktober 24, 2016

    Oh wie schön. Wir suchen ja noch was für Januar…