Corona hat uns wieder einmal vor Augen geführt wie wertvoll die Lebensmittelvielfalt in unseren Supermarktregalen ist. Bei der Herstellung vieler Produkte, die wir dort kaufen, kommt es jedoch zu großen Verstößen gegen Menschenrechte und zur Zerstörung der Umwelt. Ein Lieferkettengesetz kann das ändern. Warum wir nicht aufhören dürfen nachzufragen und wie wir mit ein wenig Hilfe ganz leicht über den eigenen Tellerrand schauen können, kannst du hier nachlesen.

Ende Juli war Tag der Lebensmittelvielfalt. Ich hab ihn zwar stress- sowie impfbedingt verschlafen, doch ist er heute nicht minder wichtig. Der Lebensmittelverband Deutschland hat diesen Aktionstag im Jahr 2020 eingeführt. Der Tag soll uns bewusst dazu anregen auch einmal über den eigenen Tellerrand zu blicken und uns die wichtigen W-Fragen der Konsumation zu erfragen:

Hey, Moment mal, woher kommt eigentlich das wohlig duftende und herb schmeckende Koffein, das mich jeden verschlafenen Morgen durch den Tag kommen lässt, wie wird es produziert und wer arbeitet unter welchen Bedingungen dafür?

Auch Österreich hat den Aktionstag ins Repertoire aufgenommen. Die Lebensmittelindustrie gehört hierzulande zu den größten Branchen. Mehr als 27.000 Beschäftigte sorgen tagtäglich dafür, dass du und ich beim Kaffee nicht nur die Lieblingssorte, sondern auch die präferierte Marke wählen können. Unsere Ansprüche an Nahrungsmittel und Getränke wuchsen mit den Jahren, jedoch geben wir anteilig viel weniger für Essen aus als vor 50 Jahren. Damals war es die Hälfte des Einkommens. Heute sind es nur noch rund zwölf Prozent.

Lieferkettengesetz: Unternehmen müssen endlich auf Klimaschutz und Menschenrechte achten {Kooperation} | blattgrün

Dazu kommt, dass wir bei Einkäufen im Supermarkt meist nicht einmal mehr wissen oder nachvollziehen können woher das Essen, das in unseren Körpern landet, eigentlich kommt.

Mehr Durchblick für Konsumenten

In Österreich gibt es seit über 20 Jahren ein funktionierendes Qualitätssystem mit vielen Gütesiegeln. Es funktioniert nicht immer einwandfrei, aber zumeist ganz gut. Was tun wir aber das nächste Mal, wenn beim Diskonter Kirschen aus Polen mit der österreichischen Flagge beworben werden? Was wissen wir als Österreicher außerdem über die Produktion von Tomaten in Spanien? Immerhin wandern all die Lebensmittel in unsere Körper.

Gut, ab 2022 wird die „Farm to Fork“-Strategie der europäischen Green Deals zusätzliche Angaben zur Lebensmittelherkunft vorschreiben und die Antwort erleichtern, aber denken wir noch weiter: Wie wird in Ländern wie Brasilien aus dem Kaffeestrauch im Regenwald der gemahlene Kaffee, den wir jeden Morgen trinken? Kurzum: Wie bekommen wir, als kleine unwissende Bürger die wir sind, am Ende mehr Durchblick?

Österreich importiert Waren aus mehr als 120 Ländern

Dass wir damit überfordert sind, auch wenn wir uns dafür interessieren, ist übrigens absolut verständlich. Bei etlichen Rohstoffen und agrarischen Erzeugnissen ist Österreich auf die Importe aus dem Ausland angewiesen. Entweder sind sie hier prinzipiell nicht vorhanden oder es gibt halt einfach zu wenig davon. Das betrifft natürlich nicht nur Special-Importwaren wie Drachenfrüchte oder Ananas.

Auch alltägliche Waren wie Kakao, Kaffee, Haselnüsse, Reis, Fleisch, Fisch und Unmengen an Gewürzen werden importiert. Agrarfläche ist hierzulande nämlich ein kostbares und knappes Gut. Österreich ist das Land der Alpen und die Hälfte der Gesamtfläche des Landes ist mit Wald bedeckt. Da bleibt dann nicht mehr viel für das Essen.

Um knapp neun Millionen Einwohner versorgen zu können, tun wir das, was alle anderen Industriestaaten auch machen: Wir kaufen im Ausland ein.

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Heutzutage gibt es ausgeklügelte Transportsysteme und moderne Verfahren für die Verarbeitung und Haltbarkeit. Das hat die Produktpalette zwar reicher, aber auch nebulöser gemacht.

Brennpunkt Lieferkettengesetz

Aus diesem Grund kam hierzulande irgendwann einer auf die Idee ein sich genauer mit der Lieferkette auseinanderzusetzen zu wollen und für mehr Durchblick einzustehen. Seit 2016 sind deshalb zivilgesellschaftliche Akteure und Arbeitnehmervertretungen im Rahmen der Treaty Allianz Österreich aktiv. Sie kämpfen für verbindliche Regeln entlang der Lieferkette. Die Arbeit wird vom Netzwerk Soziale Verantwortung, kurz Nesove, koordiniert.

Dieses Sammelsurium an klugen Menschen setzt sich also seit fünf Jahren für mehr Transparenz im Supermarktregal ein und auch ich finde, dass sich hier dringend etwas ändern muss.

Auf der Welt passieren immer noch zu viele Ungerechtigkeiten in Bezug auf die Umwelt und die Menschen, die mein Essen produzieren. Das muss sich ändern. Nicht zuletzt, weil ich leider einer von ganz vielen Österreichern bin, die auch in zehn Jahren nicht auf qualitativ hochwertige Schokolade, Kaffee oder Bananen verzichten möchten.

Und natürlich weil ich nicht will, dass andere den Preis für meinen Konsum zahlen. Ich glaube nämlich nicht, dass ich für sechs Euro pro Woche in Brasiliens Dschungelklima als Kaffee-Erntehelfer zwölf Stunden, an allen sieben Tagen der Woche, arbeiten wollen würde. Du etwa?

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Kaffee wird teurer

Schon am Überkonsum von Billigkaffee, den damit verbundenen illegalen Brandrodungen des Dschungels und dem Lohndumping wird ersichtlich welche Auswirkungen der menschengemachte Klimawandel und menschenunwürdige Arbeitsbedingungen haben. “Ein starker Preisanstieg bei den Bohnen aus Brasilien könnte Kaffee teurer machen” heißt es gerade in den Medien. Letztes Jahr hab ich dir schon von der Mangelware Kaffee erzählt.

Du siehst: Wenn man sich ein wenig über seine Lieblingsprodukte informiert, kann man sich schnell ein realitätsnahes Bild der Zukunft malen. Und man kann sich infolgedessen auch dafür einsetzen, dass dieses Bild nicht zur Realität wird. Dasselbe gilt übrigens auch für Bier, Schokolade, Wasser oder Haselnüsse – aber lest HIER gerne selbst Genaueres zum Thema Lebensmittelknappheit nach.

Die österreichische Wirtschaft argumentiert übrigens, trotz all der Erleichterungen für den Konsumenten, gegen ein Lieferkettengesetz. Kein Wunder, denn die Information auf der Lebensmittelverpackung müssen dann stets aktuell sein. Gibt es etwa Missernten und man holt sich Paprika aus Spanien statt Österreich, so muss man auch das Etikett auf den neuesten Stand bringen. Andernfalls drohen hohe Strafen.

Ja, die Kennzeichnungspflicht erfordert nicht gerade wenig technischen Aufwand. Und ja, das mag nicht nur für das Unternehmen, sondern auch für den Verbraucher zu höheren Kosten führen. Das Geld, welches von Unternehmen in Marketingzwecke und konsumlenkende Werbung gebuttert wird, könnte hier aber schon einmal einen großen Teil abfedern. Kurzum: Transparenz in der gesamten Lieferkette mag für die Wirtschaft kein Zuckerschlecken werden, ist aber dringend nötig. Das zeigt auch ein Blick in die Regale der großen Lebensmittelketten.

Nachhaltigere Ernährung erfordert auch meine und deine Verantwortung

Wer Verbrauchertäuschung verhindern will, wer menschenwürdige Arbeitsbedingungen fördern möchte, muss für ein ausgereiftes Lieferkettengesetz stimmen. Ich glaube, dass da zukünftig kein Weg daran vorbeiführen wird.

Wenn du mich fragst, gehört das Lebensmittelversorgungssystem sowieso grundlegend verändert. Ein nachhaltiges System, das über die gesamte Wertschöpfungskette hinweg unterstützt wird, wäre optimal. Effiziente Ressourcennutzung, das Ausmerzen von Korruption und mehr Förderungen für Bio-Betrieb ebenso. Auch der Schutz der Biodiversität, Menschenrechte, faire Entlohnung und ein Verbot konsumlenkender Werbung wären meine alltime favourite Wünsche. Als einfache Konsumentin hab ich aber auch leicht reden.

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Wie kann ich aktiv zum Arbeiter- und Klimaschutz beitragen?

Gute Ideen und ein Batzen Motivation bringen nur wenig, wenn man nicht weiß wohin damit. Wer so wie ich theoretisch Plan hat, aber in der Praxis ein Nackerbatzerl ist, kann seine Sorgen und Ideen an Institutionen und Vereine weitergeben, die sich mit der Materie auch praktisch gut auskennen und für mehr Gerechtigkeit in der Lebensmittelproduktion kämpfen. Südwind zum Beispiel.

Eine nachhaltigere Ernährung erfordert eine Kaufentscheidung, die Nachhaltigkeit auch berücksichtigt. Das Angebot richtet sich nach deiner und meiner Wahl. Auch nach deiner und meiner Zahlungsbereitschaft. Damit wir aber in der Lage sind, nachhaltige Kaufentscheidungen zu treffen, benötigen wir transparente Informationen entlang der Kette. Du siehst: Der Kreis schließt sich. ( Hier unterschreiben für das Lieferkettengesetz.)

#goEAThical

Our Food. Our Future ist eine europäische Kampagne, in der sich viele Organisationen für ein Lieferkettengesetz einsetzen, das Menschenrechte sowie Umweltschutz respektiert und schützt. Im Fokus stehen die Rechte von Arbeitern und Klimaaktivismus. Die Vision der Kampagne ist ein sozial gerechtes und nachhaltiges Ernährungssystem. Im Einklang mit der Agenda 2030 werden junge Menschen aus der EU mobilisiert, um nachhaltige Werte aktiv zu fördern und mitzugestalten. Wenn du gerne dabei sein magst, zögere nicht dich beim Verein für globale Gerechtigkeit zu melden! Es gibt dort immer wieder spannende Vorträge und Workshops, die dir dabei helfen können deine Zukunft aktiv und nachhaltig zu gestalten.

Möchtest du die Lebensmittelvielfalt auf anderem Wege erhalten, kannst du beispielsweise Lebensmittelverluste vermeiden (Reste essen), saisonale Waren mit kurzen Transportwegen kaufen, auf Gütesiegel achten, pflanzliche Proteine bevorzugen, mit Bio-Lebensmittel liebäugeln und weg von den Big Playern hin zu regionalen Kleinunternehmern wechseln, um die Lebensmittelvielfalt zu erhalten.

Lieferkettengesetz: Unternehmen müssen endlich auf Klimaschutz und Menschenrechte achten {Kooperation} | blattgrün

Was tust du, um dich aktiv für nachhaltige Lebensmittelvielfalt einzusetzen? Hast du schon für das Lieferkettengesetz unterschrieben? Schreib deine Erfahrungen gerne in die Kommentare und hilf damit vielleicht auch anderen, die gerade erst begonnen haben sich mit dem Thema auseinanderzusetzen. Dankeschön.


Dieser Blogbeitrag wurde mit der finanziellen Unterstützung der Europäischen Union im Rahmen des Projekts „Our Food. Our Future“ produziert. Die Verantwortung für den Inhalt dieser Veröffentlichung trägt alleine die Autorin. Der Inhalt kann unter keinen Umständen als Wiedergabe der Position der Europäischen Union verstanden werden.

Quellenverzeichnis: Österreich isst informiert | Einkaufsverhalten 2020 | Konsumerhebung 2014/2015 | farm to fork strategy | Green Deals | Lieferkettengesetz

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